Tage des Kapazitätsausbaus in der Holzindustrie gezählt?

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Im Spannungsfeld zwischen unsicherer Rohstoffversorgung und den wachsenden Ansprüchen der Gesellschaft und Politik an Holzprodukte bewegten sich die Diskussionen beim Deutschen Holzkongress am Vormittag des 22. September 2021. Die digitale Veranstaltung fokussierte in Faktenchecks und Live-Diskussion auf die Frage: „Welche Rohstoffe für welche Produkte?“ und brachte dabei verschiedene Dilemma und Chancen zur Sprache.

Im Rahmen seiner Begrüßung betonte Lars Schmidt, Hauptgeschäftsführer des veranstaltenden Deutschen Säge- und Holzindustrie Bundesverbands (DeSH) die Notwendigkeit einer Abkehr vom sektoralen Denken zugunsten einer gesamten Betrachtung der Wertschöpfungskette: „Es geht darum, unsere Produkte wettbewerbsfähig zu halten – im internationalen Maßstab aber auch gegenüber den Konkurrenzprodukten.“ Es gelte, regionale Ressourcen möglichst effizient zu nutzen. Co-Moderator Johannes Niedermeyer, Geschäftsführer des Holzbau Deutschland Instituts, ging auf den täglichen Spagat der Branche ein, den das Motto des Kongresstags „Holzverwendung zwischen Kohlenstoffspeicher, Kreislaufwirtschaft und Materialeffizienz“ treffend zusammenfasste: „Ob Brandschutz, Eurocode oder die Vertragsordnung für Bauleistungen: Das Thema Ressourceneffizienz begleitet uns durchwegs.“

Da der Holzbau künftig eine wichtige Rolle auf der Seite der Holzverwendung einnehmen wird, jedoch nicht die einzige, gab Prof. Matthias Zscheile von der Technischen Hochschule Rosenheim einen Überblick über die technischen Möglichkeiten für die künftige Holzbearbeitung. Seiner Einschätzung nach sind weitere Investitionen in die Kapazität aber besonders in Hinblick auf Digitalisierung und Ressourceneffizienz notwendig, um der zunehmenden Bedeutung der Holzindustrie in Deutschland und Europa gerecht werden zu können. Die gute Auslastung der Maschinenlieferanten zeige, dass sich die Branche dessen bewusst ist. Doch sowohl die Investitionen in die schiere Masse als auch der Rohholzüberfluss werden wieder abklingen. Gefragt sein werde dann, wer mit dem, was bereitsteht, möglichst konstant produzieren kann – auch mit neuen Holzarten. Die Holzbauinitiative bezeichnete er als maßgeblichen Treiber für die notwendigen Umstellungen. Es gelte, den Holzeinsatz künftig noch gezielter zu steuern und den Bedarf pro Haus zu senken, um mehr Gebäude insgesamt errichten zu können. Der Außenhandel wird weiterhin Gewicht haben, doch die Branche dürfte sich verstärkt regionalen Vertriebswegen zuwenden.

Jörg Finkbeiner, Geschäftsführer bei Partner und Partner Architekten, gab Einblicke in den aktuellen Stand und die Zukunft der Energie- oder Ressourceneffizient im Holzbau. Dabei wies er auf das zunehmende Altholzpotenzial hin, das es wert sei, möglichst hochwertig in Gebäuden weiter zu verwenden. Dazu müsse eine sortenreine Trennung nach dem Abriss beziehungsweise Rückbau gewährleistet werden. Ziel sei es, weg von der Recyclingwirtschaft auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft möglichst viel wiederverwendetes und wiederverwendbares Holz ohne Verluste einzusetzen. Dazu müsse die Planung eines Gebäudes auch den Nutzungszeitraum mit einbeziehen. Um diverse Ressourcen nutzen zu können, beteiligt sich das Architekturbüro etwa an einem Forschungsprojekt, das Laubholz für den Holzbau zugänglicher machen soll.

In der anschließenden Diskussion schalteten sich Fabian Kern (Geschäftsführer Nordlam GmbH, Magdeburg), Eckart Müller (Sales USNR GmbH) und Jeroen Meissner von Partner und Partner dazu. Die künftig wohl zunehmend schwankende Rohstoffqualität und -menge sowie die Zunahme des Laubholzanteils sind laut Schmidt auf der Ressourcenseite bei weitem nicht die einzigen Herausforderungen der nahen Zukunft, da die Antwort auf die Frage, wie und wo künftig Kohlenstoff gespeichert werden soll, politisch und gesellschaftlich kontrovers diskutiert wird. Dass die Speicherkapazität nachweislich zunimmt, wenn das Holz entnommen und der Waldumbau dadurch beschleunigt wird, war allerdings Thema eines anderen Kongresstages und ist noch nicht in allen Entscheiderköpfen angekommen.

Kern stimmte Zscheile zu, dass – zumindest in bestimmten Produktkategorien – das Ende der Kapazitätsausweitung demnächst erreicht ist und man sich auf die Optimierung der Ausbeute konzentrieren sollte. In Bezug auf BSH und BSP sah er etwa beim derzeitigen Status Quo des Elementaufbaus noch Entwicklungsbedarf – auch in Bezug auf den künftigen Laubholzeinsatz. Vieles sei im Forschungsstadium und noch nicht serienreif. Er gab zudem zu bedenken, dass auch Laubholz ein weit gefasster Begriff ist und erst die kommenden Jahre zeigen werden, welche konkreten Arten näher untersucht und berücksichtigt werden müssen.

Müller erläuterte, wie der Maschinenhersteller USNR die Umstellung von Nadel- auf Laubholz bereits begleitet und welche Ausbeutemöglichkeiten noch bestehen. Wasser- und Lasereinschnitt werden seiner Einschätzung nach mit zunehmender Rundholzknappheit weiter an Bedeutung gewinnen – ebenso wie die verbesserte stoffliche Verwendung der Sägenebenprodukte. Weltweit sieht er bei der Modernisierung der Sägetechnik noch großes Potenzial, etwa in den USA, Japan und China. Auf die Frage nach den Qualitätsausgleichsmöglichkeiten der Technologie konterte Müller mit Vorschlägen zur verbesserten Lagerung, um Verlusten im Vorfeld der der maschinellen Bearbeitung weitgehend vorzubeugen.

Niedermeyer konnte eine anhaltende Fokussierung auf Nadelhölzer im deutschen Holzbau nicht leugnen, führte diese jedoch insbesondere auf das Vorhandensein von entsprechenden Forschungsergebnissen und Regelwerken zurück, die für Laubholz ja entsprechend erstellt werden können. Zudem stelle er seitens seiner Verbandsmitglieder eine hohe Bereitschaft fest, Kalamitätsholz verstärkt im Holzbau einzusetzen, da die Tragfähigkeit ja nicht beeinträchtigt wird. Dazu bedürfe es jedoch oft einer besonderen Kommunikation mit dem Kunden, die aber angesichts des steigenden Interesses auch zielführend mit Argumenten der Ressourceneffizienz geführt werden könne.

Einig war man sich über den Stellenwert der Transparenz und Kooperationsbereitschaft innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette, um Bedarf und Know-how möglichst direkt weitergeben zu können. Meissner führte dazu als Beispiel an, wie wichtig Informationen über die genaue Zusammensetzung von (Verbund-)Materialien schon im Planungsvorgang sindt, um ein möglichst kreislauftaugliches Gebäude entwerfen zu können. Holz sprach er dabei eine besondere Qualität zu, da es viele benötigte Eigenschaften in einem Material vereint. Dabei sah er in Bezug auf die Ressourceneffizienz allerdings individuell zu bewertende Vorteile der Holzständer-/-tafelbauweise gegenüber etwa BSP. BSP biete dafür in Puncto Optik und Brandschutz andere Vorzüge.

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